Quelle: Wikipedia
Der Segelflug ist das motorlose Fliegen mit Segelflugzeugen, Motorseglern und Gleitflugzeugen. Bei dieser Art des Fliegens werden Aufwinde ausgenutzt, deren Energie in Höhe und/oder Geschwindigkeit umgesetzt wird.
Der motorlose Gleitflug sonstiger Flugzeuge, das ebenfalls aufwindgesteuerte Fliegen mit Gleitschirmen und Hängegleitern sowie der durch statischen Auftrieb bedingte Flug von Ballonen gelten nicht als Segelflug.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte
Schon Otto Lilienthal gelang es bei seinen Gleitflugversuchen, den Hangaufwind zur Verlängerung der Flugstrecke zu nutzen. Bei starkem Wind konnte er sogar Höhengewinne verbuchen und für einige Zeit über seinem Abflugpunkt schweben.[1] Zeitgleich führte auch Alois Wolfmüller, weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt, erste Flugversuche am Lechhang bei Landsberg durch. Im Jahr 1911 gelang Orville Wright ein vortriebsloser Schwebeflug von nahezu 10 Minuten im stabilen Hangaufwind der Atlantikküste.
Mit der rasanten Entwicklung von Ottomotoren mit hoher Leistung und geringem Gewicht gelang der motorisierte Flug, und der Segelflug geriet zunächst in Vergessenheit, bis der Versailler Vertrag in Deutschland den Motorflug verbot. „Die Sieger des Weltkriegs hatten den Besiegten den Himmel gesperrt“. Zahlreiche Flugbegeisterte, zum Teil die Piloten des Ersten Weltkriegs, aber auch einfach nur Fluginteressierte, vom Jugendlichen bis zum reichen Erben, versammelten sich seit 1919 auf der Wasserkuppe in der Rhön, um hier den motorlosen Flug zu untersuchen und in der Praxis auszuprobieren. Hier erprobten sie völlig unterschiedliche Konzepte von Segelflugapparaten, Starttechniken und Auftriebsnutzungen. „So entstand aus bitterer Not und echtem Lutherstolz der deutsche Segelflug“ (Chronist Peter Supf). Besonders ein Entwickler und Pilot der ersten Stunde, Alexander Lippisch, gelangte durch seine Nurflügelkonstruktionen später zu Weltruhm.
Wasserkuppe
Auf der Wasserkuppe gab es zunächst gar nichts. Alexander Lippisch und Gottlob Espenlaub, die ersten so genannten „Rhönindianer“, die das ganze Jahr auf dem Berg wohnten, hausten zunächst in einem Kleiderschrank, der in einem Zelt stand, in dem sie Flugapparate bastelten. Für ausgewogene Ernährung, Hygiene und Körperpflege war keine Zeit und kein Bedarf, die Vorteile der zivilisatorischen Entwicklung wurden nicht genutzt. Sie ernährten sich nur von Erbswurst und tranken Quellwasser. Im Winter lag meterhoch Schnee, der periodisch auftretende starke Nebel behinderte die Erprobung der Flugapparate ebenso wie die ständig auftretende Mäuseplage. Nach dem Bau einer Baracke verbesserte sich die Wohnsituation, 1920 blieben schon fünf Leute den Winter über auf der Wasserkuppe, und die „Luftpolizei“ gründete eine Außenstation mit zwei Polizisten und einem Koch, die jedoch von den „Rhönindianern“, die keine Zeit mit dem Lernen von Namen verschwenden wollten, nur mit „1“, „2“ und „3“ angeredet wurden; einer dieser Luftpolizisten, Max Kegel, wurde selber Segelflieger und, da er unfreiwillig ein Gewitter zum Höhengewinn nutzte, unter dem Namen „Gewittermaxe“ berühmt. Auch mit neuen Materialien wurde experimentiert. Die Zelle der FS-3 von Ferdinand Schulz war zum Beispiel nur aus Tannenbäumen und Türscharnieren gefertigt, die Bespannung bestand aus alten Armee-Bettbezügen und die Steuerung erfolgte nur über zwei Tischtennisschlägern ähnliche Ruderklappen an den Tragflächenenden – obwohl mit diesem Fluggerät zahlreiche Rekorde erflogen werden konnten, behielt es seinen Spitznamen „Besenstiel“.
Neben der Wasserkuppe entstanden weitere Flugplätze, wie der 1923 errichtete Flugplatz in Hirzenhain (heute Gemeinde Eschenburg im Lahn-Dill-Kreis). An diesem experimentierten Flugbegeisterte mit selbst gebauten Fluggeräten unter großem öffentlichem Interesse.
Ostpreußen
Ein bedeutender Standort des deutschen Segelflugs war auch das ideal geeignete Dünengelände der Kurischen Nehrung zwischen Ostsee und Kurischem Haff in Ostpreußen. In den Königsberger Werkstätten des Vereins für Luftfahrt baute Ferdinand Schulz 1923 die ersten Segelflugzeuge. Im selben Jahr wurde der erste Wettbewerb als „Erster deutscher Küstensegelflug“ ausgetragen. Die Rhön-Rossitten-Gesellschaft gründete 1926 in Rossitten die berühmte Segelflugschule. Mehrere Weltrekorde wurden erflogen, zuletzt 1938 von Boedecker und Zander ein Dauerflugrekord mit 50 Stunden und 15 Minuten.[2] Ab 1925 flog man auch in Korschenruh am Frischen Haff, wo 1933 eine Fliegerschule eingerichtet wurde. Die samländische Steilküste nördlich von Palmnicken wurde 1929 als Übungsgelände entdeckt.[3]
Aus der Fliegergemeinschaft „Rossitten“ ging 1926 die Studentenverbindung „Fliegerschaft Preußen“ hervor. Ein Mitglied war Carl Friedrich Goerdeler.
Technische Entwicklung
Die 1921 vorgestellte „Vampyr“ der Hannoveraner Akaflieg zeigte, in welche Richtung sich der Segelflugzeugbau entwickeln musste. Dieser Eindecker hatte zwar noch kleine Streben, sein Luftwiderstand war jedoch durch den sauber ausgeformten, beplankten Rumpf mit kleinem Cockpitausschnitt und die Wahl eines dünneren Flügelprofils im Vergleich zu den in reiner „Junkers-Bauweise“ mit völlig freitragendem, dicken Flügel gebauten Siegern der ersten Rhönwettbewerbe, FVA-1 und FVA-2, deutlich vermindert. Diese Auslegung resultierte in einer klaren Leistungsverbesserung, die den Vampyr zum ersten echten Segelflugzeug und „Urahn“ aller späteren Leistungs-Segelflugzeuge machte.
Nur die Wenigsten waren ohne Ausbildung in der Lage, diese komplexen, zumeist auch aerodynamisch instabilen Fluggeräte zu steuern. Viele Versuche, sich das Fliegen im Rahmen der „Erprobung selbstgebastelten Geräts“ autodidaktisch beizubringen, endeten mit mehr oder weniger schwerem „Bruch“. Die ersten erfolgreichen Segelflieger der 1920er-Jahre waren ehemalige Weltkrieg-1-Piloten, die das Fliegen bereits prinzipiell beherrschten. Zur Ausbildung geeignete doppelsitzige Gleit- und Segelflugzeuge, auf denen sie ihre Kenntnisse weitergeben konnten, gab es noch nicht, sie erschienen zu schwer und unhandlich für den Gummiseilstart und bodennahen Hangflug. Fritz Stamer entwickelte deshalb um 1924 die bis in die 1960er-Jahre verwendete Ausbildungsmethodik auf einfachen einsitzigen Schulgleitern (Hol’s der Teufel, RRG-1 „Zögling“). Sie ermöglichte eine einigermaßen sichere Flugausbildung hin zum risikoarmen Umstieg auf die damaligen Leistungssegler.
Zum Start eines Segelflugzeugs
Jedes Segelflugzeug muss beim Start zuerst mit fremder energetischer Hilfe auf eine gewisse Ausgangshöhe gebracht werden, bevor es selbständig weiterfliegen kann, sofern es nicht über einen anderen Antrieb (Selbststarter) verfügt, die in den letzten Jahren immer häufiger wurden. Dazu wird es meistens von einem Motorflugzeug oder von einer Seilwinde geschleppt. In den USA wird sehr selten noch mit Auto geschleppt. In den Anfängen des Segelflugs waren die Flugzeuge unten offen und der Pilot musste durch Anlaufen an einem Hang starten.
Früher bei Hochleistungssegelflugzeugen, heute nur noch bei Gleitflugzeugen werden auch Gummiseile verwendet, die durch zwei Gruppen in V-Form ausgezogen und somit auf Spannung gebracht werden. Das Flugzeug wird mit einem Erdanker im Boden befestigt und bei genügend Spannung per Kupplung gelöst. Der Gummiseilstart wird meist am Hang eingesetzt, da die erreichbaren Ausklinkhöhen von 10 bis 30 m (zunächst) nur für den Hangflug genügen. Aufgrund der nur selten gegebenen guten geografischen Bedingungen wird diese Startart auch heute noch beinahe ausschließlich an bekannten Orten, wie z. B. auf der Wasserkuppe, durchgeführt.
Moderne Seilwinden bringen ein Segelflugzeug beim Start auf eine Höhe, die in etwa der halben Schleppseillänge entspricht (auf den meisten Flugplätzen sind das Ausklinkhöhen zwischen 300 m und 600 m), wobei hierbei entweder Stahl- oder Kunststoffseile verwendet werden. Die derzeit maximale Höhe wurde bei einem Sonderprojekt mit 1500 Metern erreicht, wobei eine Seillänge von ca. drei Kilometern vorhanden war. In der Regel beträgt die Länge der Schleppstrecken jedoch nur zwischen 800 Metern und 1500 Metern. Nach dem Ausklinken des Schleppseils kann das Segelflugzeug ohne weiteren Antrieb im Gleitflug weiterfliegen. Dabei sinkt das Flugzeug je nach Bauart und Geschwindigkeit mit etwa 0,5 bis 2 m pro Sekunde. Bei großem „Saufen“ (fliegerdeutsch für „starkes Sinken“ der das Segelflugzeug umgebenden Luftmasse) oder bei sehr schnellem Flug kann das Segelflugzeug auch mit 5 bis 10 m pro Sekunde sinken. Das Verhältnis von Horizontalgeschwindigkeit und Sinkgeschwindigkeit ist die Gleitzahl. Durch Nutzung natürlicher Energiequellen wie Thermik, Hangwind oder Leewellen kann das Segelflugzeug an Höhe gewinnen (bei engen Aufwinden im sogenannten „Kurbeln“, bei günstigen Aufwindaufreihungen aber auch im Geradeausflug). Dieser Höhengewinn ermöglicht dem Segelflieger, längere Zeit in der Luft zu bleiben und im Gleitflug einen weiteren Aufwind zu erreichen. Bei entsprechender Wetterlage sind damit Flüge von mehreren Stunden Dauer und Streckenflüge von über 1000 km, in einigen besonders geeigneten Gebieten wie beispielsweise den Anden auch bis zum derzeitigen Rekord von 3000 km Distanz möglich.
Der Start im Detail
Windenstart
Beim Windenstart wird das Segelflugzeug mit Hilfe einer Seilwinde in die Luft gezogen. Die Winde mit einer Motorleistung von 100 bis über 350 KW zieht das Flugzeug an einem Seil. Früher wurden ausschließlich Stahlseile eingesetzt, seit einigen Jahren werden zunehmend Synthetikfaserseile verwendet. Die Seillänge ist durch die Pistenlänge begrenzt und beträgt meist etwa um einen Kilometer, es wurden aber auch schon Seile mit einer Länge von bis zu 3000 Metern eingesetzt.[4] Das Seil wird dabei auf einer Windentrommel aufgerollt, das Segelflugzeug wird auf etwa 90–130 km/h beschleunigt. Durch den Auftrieb, der dabei an den Tragflächen entsteht, hebt das Segelflugzeug alleine ab, wenn ein ausreichender Bodenanstellwinkel der Tragflächen gegeben ist. Die Kombination der hohen Motorleistung mit dem geringen Gewicht eines Segelflugzeuges führen zu Formel-1-ähnlichen Beschleunigungswerten (0 bis 100 km/h in etwa 2 bis 3 Sekunden). Das Flugzeug erreicht seine Startgeschwindigkeit von 80 bis 100 km/h in der Regel nach etwa 20 bis 30 Metern und hebt ab. Durch sanftes Ziehen am Höhenruder geht der Pilot dann in den Steigflug über, bis das Seil schließlich automatisch kurz vor dem Überfliegen der Winde ausgeklinkt wird. Die erreichbare Flughöhe beträgt ein Drittel bis zur Hälfte der ursprünglichen Seillänge, bei besonders günstigen Wetterbedingungen wie starkem Gegenwind oder mäßiger Seitenwindkomponente auch mehr.
Ohne Zug auf dem Seil öffnet sich nach dem Ausklinken ein Fallschirm am Seilende, so dass das Schleppseil kontrolliert bis auf die letzten Meter vollständig auf die Seiltrommel aufgewickelt werden kann. Für den nächsten Start wird das Seilende mit dem Rückholfahrzeug (Lepo) zur Startstelle zurückgebracht.
Windenstarts sind besonders in der Ausbildung beliebt, da sie preisgünstig sind und eine rasche Startfolge erlauben. Nachteilig ist jedoch die begrenzte Schlepphöhe und der verhältnismäßig hohe Personalaufwand.
Flugzeugschlepp („F-Schlepp“)
Beim Flugzeugschlepp oder abgekürzt „F-Schlepp“ wird das Segelflugzeug von einem Motorflugzeug, einem Motorsegler oder einem Ultraleichtflugzeug in die Höhe gezogen. Der Flugzeugschlepp hat gegenüber dem Windenschlepp einige Vorteile: Während beim Windenschlepp die Schlepphöhe durch die Seillänge begrenzt ist und der Ausklinkort durch den Standort der Winde festgelegt ist, kann im Flugzeugschlepp beides frei gewählt werden. Falls nötig kann dann schon einmal in eine thermisch bessere Gegend geschleppt werden. Es gibt auch Plätze, die so liegen, dass von der Winde kaum thermisch Anschluss gefunden werden kann. Von solchen Plätzen sind längere Flüge grundsätzlich nur mit Flugzeugschlepp zu realisieren. Schließlich braucht ein Flugzeugschlepp auch deutlich weniger Helfer am Boden, im Extremfall kann er auch ganz ohne Helfer (außer dem Schlepppiloten) erfolgen. Nachteilig sind die höheren Kosten gegenüber dem Windenschlepp.
Die verwendeten Schleppseile bestehen aus Kunststoff- oder Hanffasern. Am Seilende zum Segelflugzeug befindet sich eine Sollbruchstelle mit einem Ringpaar, dessen kleinerer/letzter Ring in eine Schleppkupplung im Nasenbereich des Seglers eingehängt wird. Das Schleppflugzeug hat im (oft verstärkten) Rumpfheck entweder ebenfalls eine Kupplung oder eine Trommel mit Elektromotor zum Einziehen des Seils nach dem Ausklinken, so dass der Sinkflug ohne ein hinten schlingerndes Seil von 40 oder 60 Metern Länge durchgeführt werden kann. Verfügt das Schleppflugzeug nicht über eine Einziehwinde, so wird das Seil vor der Landung vom Motorflugzeug an einer vorbestimmten Stelle des Fluggeländes im niedrigen Überflug abgeworfen, um zu verhindern, dass sich das Seil bei der Landung in einem Hindernis verfängt.
Zunehmend erfolgt der Flugzeugschlepp mit Motorseglern. Da sie konstruktionsbedingt sehr ähnliche aerodynamische Eigenschaften wie Segelflugzeuge besitzen, fällt es dem Segelflugpiloten leichter, dem Schleppflugzeug exakt zu folgen. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich auch der Schlepp mit gut motorisierten Ultraleichtflugzeugen (ULs). Gemeinsam mit den Motorseglern haben sie gegenüber Motorflugzeugen den Vorteil der geringen Betriebskosten und eines geringeren Eigengewichtes. Bei relativ leichten Segelflugzeugen sind die Schleppkosten deshalb geringer als beim Schlepp mit einem Motorflugzeug. Speziell beim Schleppen von schweren Segelflugzeugen mit Wasserballast wird jedoch das geringe Gewicht eines ULs zum Nachteil. Häufig übertreffen dann die Eigenschaften des schwereren Motorflugzeugs (stabilere Fluglage aufgrund des höheren Gewichts, höhere Geschwindigkeit des besten Steigens) die des ULs, so dass das Motorflugzeug in diesem Fall den Flugeigenschaften des schweren Segelflugzeuges näher kommt. Auch die Betriebskosten spielen in diesem Fall eine untergeordnete Rolle, häufig ist in dieser Konstellation der Schlepp mit einem Motorflugzeug sogar die günstigere Wahl.
Der Flugzeugschleppstart ist weniger „sportlich“ als ein Windenstart. Ein mitfliegender Gast wird diesen aber als angenehmer empfinden. Während des Schlepps fliegt der Pilot des Segelflugzeugs dem Motorflugzeug exakt hinterher. Dies erfordert von beiden Piloten Disziplin und Präzision. Beim Erreichen der gewünschten Schlepphöhe klinkt der Pilot des Segelflugzeugs das Schleppseil aus. Schleppflugzeug und Segelflieger fliegen anschließend entgegengesetzte Kurven (in Europa üblicherweise Schleppflugzeug linksherum, Segelflieger rechtsherum), um eine Kollision mit dem Seil oder dem anderen Flugzeug sicher auszuschließen. Gleichzeitig beginnt das Schleppflugzeug seinen Abstieg zur Landung. Der F-Schlepp ist für Thermik- oder Strecken- und Kunstflüge ideal, da das Segelflugzeug direkt in einen Aufwind geschleppt werden kann bzw. durch den Schlepp ausreichend Höhe für den Kunstflug erreichen kann.
Eigenstart
Manche Segelflugzeuge haben einen Motor und einen ausklappbaren Propeller im Rumpf (Klapptriebwerk) eingebaut, rechtlich sind sie jedoch seit dem Jahr 2002 keine Motorsegler mehr, auch wenn sie das Kennzeichen eines Motorseglers (D-K…) tragen. Sie dürfen mit einer normalen Segelfluglizenz geflogen werden, lediglich zum Start mit dem eingebauten Motor muss der Pilot die Startart Eigenstart im Flugschein eingetragen haben. Zum Start wird der Propeller ausgefahren und der Motor gestartet. Durch den Vorschub wird das Flugzeug immer schneller, kann abheben und steigen. Wenn die gewünschte Höhe erreicht ist, wird der Motor abgestellt, abgekühlt und eingefahren. Der sportliche Teil des Fluges kann beginnen.
Gummiseilstart
Der Gummiseilstart war, nach dem „Laufstart“, wie er noch heute von den Drachenfliegern ausgeführt wird, in den Anfängen des Segelflugs mangels anderer Möglichkeiten die übliche Startmethode. „Erfunden“ wurde er von den Studenten der Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen (FVA) um Wolfgang Klemperer, die damit ihre FVA-1 „Schwatze Düvel“ auf dem ersten Rhönwettbewerb 1920 starteten.[5] Da mit dieser Startart aber nur wenige Meter Höhe erreicht werden, ist sie nur dort sinnvoll anwendbar, wo diese geringe Höhe ausreicht, um in den Hangwind zu gleiten, also auf einem Berg oder einer Düne. Historisch waren die ersten etablierten Segelflugorte denn auch die Wasserkuppe und die Düne bei Rossitten (heute Rybatschi). Heutzutage hat der Gummiseilstart für Hochleistungssegelflugzeuge keine praktische Bedeutung mehr, wird aber weiter von Liebhabern mit dafür geeigneten Gleitern durchgeführt.[6]
Beim Gummiseilstart wird hangabwärts gegen den Wind gestartet. Die je circa 25 m langen, verhältnismäßig dünnen (Gummi-)Seile (1. – in der Abbildung) werden von der vier- bis zehn-, in der Ebene auch bis zu vierzehnköpfigen Startmannschaft („Gummihunde“) (3.) zunächst im Schritttempo, dann mit Schwung im Laufschritt gestrafft. Damit keiner der „Gummihunde“ (3.) abrutscht, werden häufig griffige Handschuhe getragen und die seitlich nach vorne zeigenden zwei Zugseile werden mit Knoten in gleichen Abständen versehen (Annahme: Nur (2.) ist elastisch, (1.) ist unelastisch. Kurz bevor die zunehmende Spannung des Hauptgummiseils (2.) (vom Material her oft ein Bungee-Jumping-Seil) die Helfer stoppt oder bedeutend bremst, wird das Halteseil (4.) auf Kommando des Startmeisters / durch den Startmeister selbst gekappt oder aus einer Bodenankervorrichtung (5.) ausgeklinkt, und das Flugzeug setzt sich zügig in Bewegung. Heutzutage kommt jedoch häufig anstatt eines Haltepflocks eine Haltemannschaft bestehend aus weiteren circa vier bis sechs Personen zum Einsatz. Teilweise ergänzt auch eine Haltemannschaft von etwa 3 Personen den Gebrauch des Haltepflockes (5.), so dass das Segelflugzeug nach dem Ausklinken / Kappen des Halteseiles (4.) mit horizontalen Flügeln abheben kann. Nach dem Start wird das Startseil am Flugzeug ausgeklinkt.
Die mit dieser Methode erreichte Anfangsgeschwindigkeit von etwa 45 bis 50 km/h genügt für die heute üblichen, schweren Flugzeuge nicht. Außerdem sind für einen Gummiseilstart wesentlich mehr Helfer notwendig als für einen Winden- oder Flugzeugschlepp, so dass das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag unattraktiv ist.
Wie auch die F-Schleppberechtigung oder die Windenschleppberechtigung muss die Startberechtigung für das Gummiseil regelmäßig aufgefrischt werden. Dies hingegen muss nicht zwingend am Hang geschehen, sondern ist auch in der Ebene möglich. Dabei liegen die Flugdauern selbstverständlich meist nur bei wenigen Sekunden.
Autoschlepp
Beim in den USA oder Großbritannien (zum Beispiel bis 2000 im Cotswold Gliding Club) auch heute noch gebräuchlichen Autoschlepp zieht ein Auto oder LKW das Flugzeug an einem Seil entweder direkt oder über eine Umlenkrolle. Alternativ kann eine Seilwinde am Auto während des Schleppens langsam Seil abgeben, so dass das Segelflugzeug mehr an Höhe gewinnen kann.
Fußstart
Bei sehr leichten und dafür eingerichteten Fluggeräten ist auch der Fußstart möglich. Geeignete Fluggeräte haben entweder einen Rumpf offener Bauart oder verfügen über Öffnungsklappen im Rumpfboden, durch die der Pilot mit den Füßen den Boden erreichen kann. Theoretisch ist so ein Start an der Winde oder im F-Schlepp ohne fremde Hilfe (Flächenhalter) möglich, diese Kombination birgt jedoch eine erhöhte Unfallgefahr. In der Praxis wird diese Startart daher nur für den Start an Hängen eingesetzt. Hier ist dann, wie bei Hängegleitern, ein Start ohne fremde Hilfe möglich.
Rollstart
Eine sehr seltene und nur an hohen Bergen einsetzbare Startart ist der Rollstart. Hierbei lässt der im Flugzeug sitzende Pilot dieses einfach solange einen Abhang hinab rollen, bis er Abhebegeschwindigkeit erreicht hat.
Gleitflug und Aerodynamik
Segelfliegen bedeutet, ein Flugzeug ohne jegliche Art eines Motors in einem Gleitflug zu bewegen. Dieser motorlose Flug unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Steuerung anderer Luftfahrzeuge. Jedes Flugzeug mit Flügelflächen kann gleiten. Dies bedeutet, dass die aus Eigengewicht und der Ausgangshöhe resultierende potentielle Energie des Flugzeugs für den Vortrieb genutzt wird. Je nach vorhandener Höhe, Fluggewicht und aerodynamischer Qualität des Flugzeugs kann man unterschiedlich weit fliegen.
Das Verhältnis zwischen zurückgelegter Distanz und verlorener Höhe wird als Gleitzahl bezeichnet und entspricht dem Kehrwert des Tangens des Gleitwinkels. Wird eine Flugbahn steiler, erhöht sich die Geschwindigkeit. Bei modernen Segelflugzeugen, die eine sehr gute Gleitzahl aufweisen, füllen Wettbewerbspiloten Tanks in den Tragflächen mit Wasser, um das Flugzeug schwerer zu machen. Damit besitzt das Flugzeug mit der Flughöhe mehr potentielle Energie, die in kinetische Energie umgesetzt werden kann. In der Praxis bedeutet dies, dass das Flugzeug in der Thermik zwar langsamer steigt, dafür aber bei gleichem Gleitwinkel wesentlich schneller fliegt. Bei guten thermischen Bedingungen wird so unter dem Strich eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit erzielt, wodurch im verfügbaren Zeitfenster eine größere Strecke zurückgelegt werden kann. Wenn die Thermik gegen Abend schwächer wird, in jedem Fall aber vor der Landung, wird das Wasser abgelassen.
Da im motorlosen Gleitflug jede Störung des Luftstroms um die Tragflächen zu schlechteren Flugleistungen führen kann, wird insbesondere von Wettbewerbspiloten großer Wert auf eine möglichst glatte Oberfläche gelegt. Der Lack des Flugzeuges wird daher regelmäßig ausgebessert und poliert, und nach jedem Flugtag von Verschmutzungen und toten Insekten befreit. Letzteres kann mit Hilfe von Mückenputzern sogar während des Fluges geschehen.
Im Motorflug, auch beim Motorsegler, dient die Zuführung von Kraft durch ein Triebwerk dazu, den mit dem Gleitflug verbundenen Höhenverlust auszugleichen. Zu jeder Konfiguration und Fluglage gehört nur eine Geschwindigkeit, in der Auftrieb und Gewichtskraft sich gegenseitig ausgleichen (stationärer Flugzustand). Daran ändert auch ein Triebwerk nichts. Wird in einer Konfiguration und Fluglage mehr Kraft (Vortrieb) zugeführt, als durch Widerstand verloren gehen, beginnt das Flugzeug zu steigen.
Ein Segelflugzeug kann dann Höhe gewinnen, wenn es gelingt, in einer Luftmasse zu fliegen, die schneller aufsteigt als das Flugzeug absinkt. Bildlich entspricht dies etwa der Situation, wenn man auf einer aufwärts bewegten Rolltreppe langsam abwärts geht. Gleiches kann man beim Kreisflug von Greifvögeln oder Störchen beobachten. Höhe gewinnen bedeutet, sich kreisend in einem Thermikschlauch („Bart“) möglichst nahe dem Zentrum aufsteigender Luft zu bewegen, oder alternativ in aufsteigenden Luftmassen wie Leewellen oder Hangwinden zu fliegen. Das Fliegen mit Wasserballast (oder generell mit erhöhtem Abfluggewicht) führt meist zu schlechterem Steigen. Dies erklärt sich vor allem dadurch, dass aufgrund der höheren Flächenbelastung sich die Minimalgeschwindigkeit und damit auch der Kreisradius erhöht, wodurch beim Kreisflug der Flugweg nicht mehr optimal ins Zentrum der Thermik verlegt werden kann. Auch fühlt der Pilot bei beladenem Flugzeug die Aufwindverteilung sehr viel schwächer. Das vergrößerte Eigensinken spielt daneben eher eine untergeordnete Rolle. Daher wird bei schwacher Thermik ohne Zusatzballast geflogen.
Segelfliegen erfordert neben Kenntnissen der Aerodynamik auch Kenntnisse der Meteorologie und der Auswirkungen der Topologie. Da beim Segelflug über die Bedienung der grundsätzlichen Steuerelemente Höhenruder, Seitenruder und Querruder direkt auf den Flug eingewirkt wird, die Naturbedingungen gleichzeitig Auswirkungen auf die Dauer des Flugs haben und es zu vielen Vertikalbeschleunigungen und relativ steilen Kurvenlagen kommt, wird von Piloten der Segelflug als „pures Fliegen“, als Segelflugsport beschrieben.
Aufwindarten
Hangaufwind
Beim Fliegen im Hang-Aufwind fliegt das Segelflugzeug auf der Luv-Seite eines Berghangs in einer aufwärts gerichteten Luftströmung. Hangwind findet man zum Beispiel, wenn ein Bergrücken quer zur Windrichtung steht. Je nach Windstärke und Hangform kann bis mehrere hundert Meter über die Hangkante gestiegen werden. Hangaufwind war die erste Form des Aufwindes, welche von Segelflugzeugen genutzt wurde. Noch vor Entdeckung des Thermikfluges Mitte der 1920er Jahre wurde auf der Wasserkuppe Hangwind genutzt, um Flüge in Segelflugzeugen zeitlich über das Abgleiten der Höhendifferenz zwischen Start- und Landepunkt auszudehnen. So konnte 1922 der erste Segelflug von über einer Stunde Dauer vorgenommen werden. Am 11. Mai 1924 flog Ferdinand Schulz in seiner Eigenkonstruktion FS 3 Besenstielkiste mit 8 Stunden 42 Minuten in Rossitten eine Weltbestleistung im Dauerflug. 1954 wurde am Hang des Flugplatzes Laucha der Dauerflugrekord von 27 Stunden und 7 Minuten aufgestellt, Pilot war Kurt Götze. Mit dem „ewigen“ Lauchaer Rekord stellt Fritz Fliegauf in Laucha den letzten jemals geflogenen Dauerflugrekord von über 30 Stunden auf, später wurde der Dauersegelflug nach einschlafbedingten Abstürzen verboten. Internationale Dauerflugrekorde sind auf der Seite der Fédération Aéronautique Internationale zu finden.[7]
Thermischer Aufwind
In thermischen Aufwinden gewinnen Segelflugzeuge kreisend Höhe bis knapp unter die Wolkenuntergrenze, welche in Mitteleuropa in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit bei etwa 1000 bis 3000 m über Meeresspiegel (NN) liegt. In den Alpen oder anderen Regionen können die Wolkenuntergrenzen bis 5000 m oder höher steigen. Thermische Aufwinde werden als „Bart“ oder „Schlauch“ bezeichnet. Diese Aufwindzonen entstehen vor allem an besonnten Hängen von Hügeln und Bergen und in besonders starkem Ausmaß, wenn der Boden felsig oder dunkel ist, oder an Waldkanten, da dort der Wind die warme Luft vom Boden ablösen kann. Über diesen geeigneten Flächen erwärmt sich die Luft und steigt wegen der Verringerung der Dichte (siehe Gasgesetze). Segelflugzeuge können so mit üblicherweise ein bis drei Meter pro Sekunde Höhe gewinnen, besonders starke thermische Aufwinde im Gebirge oder über Wüsten erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 10 Meter pro Sekunde. Für den Segelflieger zeigen Quellwolken und manchmal kreisende Greifvögel solche Aufwindzonen an. Über Wasserflächen und Wäldern beispielsweise entsteht tagsüber kaum Thermik, da die Sonnenwärme vom Untergrund absorbiert wird, als dass sich die Oberfläche erwärmt. Erst in den Abendstunden finden sich hier ruhige Aufwinde, wenn diese Gebiete infolge der gespeicherten Wärme die Luft erwärmen (sogenannte Umkehrthermik). Das Variometer zeigt das Steigen beziehungsweise Sinken an und ist damit ein sehr wichtiges Fluginstrument im Segelflugzeug.
In Deutschland ist es im Sichtflug, abhängig von der Luftraumklasse, nicht immer erlaubt, bis direkt an die Wolkenuntergrenze zu steigen. Um gefährliche Annäherungen an andere Flugzeuge zu vermeiden, ist meist ein vertikaler Wolkenabstand von etwa 300 m einzuhalten (siehe Visual Meteorological Conditions). Diese können nämlich im selben Luftraum nach Instrumentenflugregeln fliegen und sich damit auch innerhalb von Wolken bewegen.
Wolkenflug ist möglich, wenn der Pilot die entsprechende Lizenz besitzt und der Flug von der Flugsicherung genehmigt wurde. In Deutschland muss das Segelflugzeug hierfür neben den für den Sichtflug vorgeschriebenen Fahrtmesser und Höhenmesser zusätzlich mit Variometer, Kompass, Wendezeiger oder künstlichem Horizont, Libelle sowie mit Funk ausgerüstet sein. Ein Transponder ist zwar nicht vorgeschrieben, erhöht aber die Chancen, eine Freigabe zu erhalten. In der Schweiz gibt es spezielle Wolkenflugzonen, in denen Wolkenflug ohne Freigabe durch die Flugsicherung erlaubt ist. Die Piloten staffeln sich dabei mit Hilfe spezieller Funkverfahren direkt selbst. Der thermische Segelflug ist theoretisch bis zur Wolkenobergrenze möglich. Bei Gewitterwolken liegt sie in unseren Breitengraden bei bis zu 9000 m, in den Tropen bei bis zu 18.000 m über dem Meeresspiegel.
Die Pioniere des Segelflugs sind wegen der starken Aufwinde von bis zu 15 m/s in Gewitterwolken eingeflogen. Dazu nutzten sie teilweise komplette Holzhauben, um sich gegen Hagel zu schützen. Die enormen Kräfte der turbulenten Auf- und Abwinde konnten im schlimmsten Fall das Flugzeug in der Wolke zerstören. Konnte sich ein Pilot in einer solchen Situation mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug retten, drohten ihm neben Hagel und Kälte noch das Aufsteigen des Fallschirms bis in für den Menschen tödliche Höhen. Darum fliegt heute kaum jemand freiwillig in eine Gewitterwolke ein und selbst große, moderne Jets umfliegen sie, wenn das möglich ist.
Induzierte Thermik
Künstliche Thermikquellen werden induzierte Thermik genannt. Es ist möglich, die Abwärme eines Kühlturms oder Schächte des Bergbaus zu nutzen die Abwetter in die kühlere Umgebungsluft abgeben. Durch die hohe Energiedichte ist die Thermik häufig sehr eng und deshalb meist auch ziemlich turbulent. Kühltürme rufen auch eine kräftige Turbulenz hervor, wenn geringe Windgeschwindigkeiten anzutreffen sind. Kraftwerksthermik wird im Streckenflug gerne benutzt, wenn am Morgen und Abend die natürliche Thermik schwach ist. Die durch Kühltürme erzeugte Konvektion durchbricht oftmals die Sperrschichten und ermöglicht über der Inversion (siehe Bild) zu fliegen. Die Aufstiegswerte liegen zwischen 1 m/s in 200 m und 5 m/s in 600 m über Grund. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurden um mehrere Kernkraftwerke in Deutschland Flugbeschränkungsgebiete eingerichtet, so dass deren Kühltürme erst ab 600 m als Aufstiegshilfe genutzt werden können.
Wellenflug
Leewellen entstehen bei besonderen Starkwind-Wetterlagen auf der windabgewandten Seite eines Hindernisses. Segelflieger erkennen diese Wetterlagen häufig an den charakteristischen Lenticulariswolken. Sie erreichen in diesen Windsystemen Flughöhen von etwa 3000 bis 8000 m, manchmal auch mehr als 10.000 m über dem Boden. Der Weltrekord von über 15.000 m wurde so in den Anden von Steve Fossett und Einar Enevoldson erreicht. Für solche Flüge benötigt man ab circa 4000 m Sauerstoff, ab circa 7000 m einen Druckanzug sowie Kleidung, die gegen die extreme Kälte schützt. Die Null-Grad-Grenze liegt selbst im Hochsommer um 3000–4000 m, in 10.000 m herrschen Temperaturen um minus 50 °C. Druckkabinen oder Kabinenheizungen sind bei Segelflugzeugen aus Gewichtsgründen nicht möglich.
Dynamischer Segelflug
Es ist möglich, aus einer rein horizontalen, gescherten Strömung Energie zu gewinnen, indem Flughöhe und -richtung koordiniert variiert werden.[8] Albatrosse zum Beispiel nutzen diese Methode in der Scherschicht nahe der Meeresoberfläche, um ohne eigenen Antrieb monatelang in der Luft zu bleiben.
Während der zügigen Steigphase gegen den Wind, der anschließenden engen Wende und dem steilen Abstieg wird der Vogel nach Lee beschleunigt, wobei durch den Steig- und Sinkwinkel bzw. in der Wende durch die Querneigung stets eine Komponente der Strömungsgeschwindigkeit als Aufwind wirksam wird. Nahe der Oberfläche fliegt der Vogel dann mit hoher Geschwindigkeit einen größeren Bogen, evtl. noch eine Strecke gegen den Wind und leitet dann wieder die Steigphase ein. Bei geringerer Windstärke wird der Vogel nach Lee versetzt.[8]
Ingo Renner hat am 24. Oktober 1974 in Tocumwal (AUS) gezeigt, dass der dynamische Segelflug grundsätzlich auch mit Segelflugzeugen zu verwirklichen ist, als er mit einer Libelle H301 einen 20minütigen dynamischen Segelflug absolvierte. Die Windscherung befand sich dabei an einer Inversion auf rund 300 Meter über Grund und betrug rund 70 km/h. In weiteren Flügen mit einer Pik 20 gelang es ihm, seine Technik soweit zu verfeinern, dass er sogar gegen den Wind vorfliegen konnte.[9]
Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass der dynamische Segelflug für den Streckenflug je eine Bedeutung bekommen wird. Einerseits ist er mit sehr großen Beschleunigungen verbunden, die den Piloten ähnlichen Belastungen aussetzen wie beim Kunstflug, was sehr schnell ermüdend ist. Und zweitens treten Windscherungen von genügender Stärke in aller Regel nur sehr bodennah auf, was die Fliegerei, gerade auch angesichts der großen Belastung, sehr gefährlich macht.
Im Modellflug hingegen hat sich der dynamische Segelflug etabliert. Hier kommen weder die körperliche Belastung noch die Sicherheitsprobleme zum Tragen, und die Modellflugzeuge können sehr viel extremer und auf sehr viel kleinerem Raum manövrieren als manntragende Segelflugzeuge. In der Regel wird der dynamische Modellsegelflug an Windscherungen durchgeführt, die von Bergkämmen verursacht werden. Dabei sind Geschwindigkeiten von bis zu 801 km/h (433 kn) gemessen worden.
Landung
Ein Segelflugzeug setzt mit Energieüberschuss (Höhenreserve und erhöhte Geschwindigkeit) zur Landung an – der Pilot tastet sich sozusagen von oben an die Landung heran. Die überschüssige Energie wird dann mit Hilfe der Bremsklappen (Luftbremse), durch einen Seitengleitflug (sog. Slip) oder auch mit Hilfe eines Bremsschirmes in Reibungsenergie umgewandelt. Aufgrund dieser Energieumwandlung ist es möglich, dass Segelflugzeuge sehr präzise am gewünschten Landepunkt aufsetzen. Der Pilot kann zwar nicht durchstarten, hat aber genügend Reserve, um auch einem kurzfristig auftauchenden Hindernis ausweichen zu können. Die leicht erhöhte Geschwindigkeit (zum Vergleich: normaler Thermikflug: 80 km/h, Landung: 90–110 km/h) ist ein Sicherheitsaspekt, der bei Böen oder Luftwirbeln im Landeanflug als Sicherheitsreserve die Steuerbarkeit gewährleistet. Die Landung ist generell der schwierigste Teil des Fluges, bei dem höchste Konzentration vom Piloten gefordert wird.
Wenn der Pilot sich auf einem Streckenflug befindet und keine Höhenreserven mehr hat (etwa weil die Thermik gegen Abend nachgelassen hat), sucht er sich ein geeignetes Landefeld. Meist wählt er dazu eines der zahlreichen Segelfluggelände aus, von dem er nach Hause fliegen (Flugzeugschlepp) oder fahren (Flugzeug im Anhänger) kann. Ist kein Flugplatz mehr erreichbar, so muss er das Segelflugzeug auf einem Acker oder einer Wiese landen (Außenlandung). Dies ist ein bereits in der Ausbildung gelernter Vorgang.
Ausbildung
Die Flugausbildung zum Segelflugpiloten erfolgt zum großen Teil in Segelflugvereinen oder auch in kommerziellen Flugschulen. Die Ausbildung gliedert sich in drei Teile: Der erste Abschnitt beinhaltet das Erlernen der Grundtechniken des Segelfliegens, wie Starten, Kurvenflüge und Landen. Dieser Ausbildungsabschnitt erfolgt in einem doppelsitzigen Segelflugzeug. Er endet mit der sogenannten A-Prüfung, den ersten drei Alleinflügen. Hierbei wird zum ersten Mal das Flugzeug ohne Fluglehrer geflogen. Im zweiten Abschnitt werden die Grundtechniken im Alleinflug geübt, und es wird auf Einsitzer umgeschult. Auf die sogenannte B-Prüfung folgt die C-Prüfung. Bei diesen Prüfungen muss der Flugschüler zeigen, dass er auch ohne Fluglehrer mit einem Einsitzer bestimmte Aufgaben im Flug erfüllen kann. Mit der bestandenen C-Prüfung endet der zweite Ausbildungsabschnitt. Der dritte und letzte Abschnitt der Ausbildung befasst sich mit der Vorbereitung des thermischen Segelfliegens und vor allem der Ausbildung im Überlandflug. Es werden zunächst Überlandflüge mit Fluglehrern durchgeführt, bei denen der Flugschüler praktische Erfahrung in der Navigation mittels Luftfahrerkarte sammelt und lernt, die Wettersituation richtig einzuschätzen. Nach der theoretischen Prüfung (welche die Themengebiete Meteorologie, Navigation, Technik, Aerodynamik, Luftrecht, Verhalten in besonderen Fällen und Menschliches Leistungsvermögen umfasst) darf der Schüler Streckenflüge alleine durchführen. Mit einem Streckenflug über mindestens 50 km wird die Praktische Ausbildung abgeschlossen. Seit 2001 darf der 50 km Überlandflug allein durch einen Streckenflug mit Fluglehrer über 100 km ersetzt werden. Der Flug ist mittels Logger oder Barographen zu dokumentieren. Eine Bestätigung durch zwei Zeugen und den Fluglehrer reicht aber aus. Nach dem erfolgreichen Überlandflug kann die praktische Prüfung abgelegt werden. Nun ist die Ausbildung beendet und der Flugschüler ist im Besitz eines Segelflugscheins nach JAR-FCL, dem GPL (Glider Pilot Licence), der 2003 den PPL mit dem Beiblatt C ablöste.
Die Ausbildung kann mit 14 Jahren begonnen werden und dauert mindestens mehrere Monate bis maximal vier Jahre, bei professionellen flugschulen ist die Ausbildung auch innerhalb einiger Wochen möglich. Die Lizenz kann in Deutschland mit 16 Jahren durch eine theoretische und praktische Prüfung erworben werden. Notwendig ist unter anderem ein Tauglichkeitszeugnis eines zugelassenen Flugarztes.
Da die Ausbildung in den Vereinen ehrenamtlich erfolgt, sind die Kosten durch Beitragsgebühren für den jeweiligen Verein gedeckt. Zusätzliche Kosten für den Lizenzerhalt stellen die medizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen, der Erwerb eines Sprechfunkzeugnisses sowie die Prüfungsgebühren dar.
Es gibt strenge theoretische und praktische Anforderungen für ein Bestehen der Segelflugprüfungen. Der Vertrauensarzt des Bundesamtes für Zivilluftfahrt BAZL (Schweiz) bzw. der Fliegerarzt (Deutschland) kann Brillen oder Kontaktlinsen vorschreiben, und eine allgemein gesunde geistige und körperliche Verfassung ist nötig. Hörbehinderte müssen in der Lage sein, ohne Lippenablesen einer Person einwandfrei zu folgen. Für den Instrumentenflug sind die Bedingungen in der Schweiz strenger. International sind die Regeln für den Erwerb der Segelfluglizenz sehr unterschiedlich. In einigen Ländern, wie zum Beispiel Großbritannien, wird die Lizenz vom nationalen Sportverband vergeben, wenn theoretische und praktische Prüfungen bestanden wurden (Bronze C plus Streckensegelflug).
Streckensegelflug
Beim Streckensegelflug geht es entweder darum, eine möglichst große Strecke zurückzulegen oder eine gegebene Strecke in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren. Die Flugrouten und zu nutzenden Aufwinde müssen vom Pilot während des gesamten Fluges aktiv ausgewählt werden, was hohe Anforderungen an Konzentration und Ausdauer stellt.
Für die Nutzung der Aufwinde stehen unterschiedliche Strategien zur Verfügung. Der Pilot kann die Thermik bis zur größtmöglichen Höhe ausnutzen und sich dann bei moderater Vorfluggeschwindigkeit einen neuen Aufwind suchen. Schnellere Fluggeschwindigkeiten kann der Pilot erreichen, wenn er die stärksten Aufwindgebiete auswählt und sie nur bis zur Maximierung des Tempos nutzt, um dann zur nächsten Thermik weiterzufliegen; dies birgt das höhere Risiko einer frühen Landung. Erfahrene Piloten nutzen eine Mischung aus diesen beiden Strategien, je nach den Wetterverhältnissen. Mit der Optimierung der Reisegeschwindigkeit beschäftigt sich die Sollfahrttheorie.
In Mitteleuropa sind bei geeignetem Wetter Streckenflüge über mehrere hundert Kilometer möglich, vereinzelt wird auch die Tausendermarke überboten. Der aktuelle Weltrekord wurde am 21. Januar 2003 von Klaus Ohlmann in den Anden aufgestellt und beträgt 3009 km.[10]
Auch sind Rekorde mit bestimmten Flugzeugtypen der alten Holzbauklasse Heute noch von Bedeutung. Am 25. April 1972 stellten Dr. Siegfried Baumgartl und Walter Schewe vom Luftsportverein Dinslaken e.V. mit einem Flug über 714 km vom Flugplatz Schwarze Heide nach Angers in Frankreich einen Weltrekord für Doppelsitzer im Zielflug auf. Solche Rekorde mit Flugzeugen der heutigen Zeit sind nicht vergleichbar, denn das Risiko der Aussenlandung war wesentlich größer. Beim Transport moderner Flugzeuge Bedarf es einer wesentlich kleineren Mannschaft der Bodentruppe, als es bei älteren Flugzeugen notwendig war.
Wettbewerbssegelflug
Im Streckensegelflug werden auch Wettbewerbe ausgerichtet. Bei diesen Wettbewerben geht es im Wesentlichen darum, eine vorgegebene Strecke möglichst schnell zurückzulegen. Es gibt regionale Wettbewerbe, Landes-, Europa- und Weltmeisterschaften.
In der einfachsten Form (dem „Racing Task“) müssen die Piloten zwei oder auch mehrere „Wendepunkte“ in vorgegebener Reihenfolge anfliegen. Gewonnen hat, wer am schnellsten wieder am Startplatz zurück ist. Zwischen den Wendepunkten ist die Wahl des Flugwegs Sache des Piloten. Ebenso ist dem Piloten die Wahl des Abflugzeitpunktes – innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters – freigestellt, gemessen wird die Zeit vom tatsächlichen Überflug der Abfluglinie bis zur Überquerung der Ziellinie. Somit sind nebst der Beobachtung des aktuellen Wetters (und natürlich der eigentlichen Flugtechnik) auch die Einschätzung der Wetterentwicklung und taktische Überlegungen ein zentraler Bestandteil des Segelflugwettbewerbs. Der Beweis, dass alle Wendepunkte umrundet worden sind, erfolgt heute durch einen elektronischen Logger, der die Wegdaten per GPS aufzeichnet.
Es gibt auch noch andere Formen von Aufgaben, bei fast allen geht es aber darum, eine möglichst hohe Durchschnittsgeschwindigkeit über die vorgegebene Strecke oder im vorgegebenen Zeitraum zu erreichen.
Die Tagesaufgabe wird von der Wettbewerbsleitung jeweils am Morgen aufgrund ihrer Wettereinschätzung bestimmt. Sie versucht dabei, die Möglichkeiten des Tages optimal auszuschöpfen. Um Zufallsergebnisse möglichst auszuschließen, erstreckt sich ein Wettbewerb über mehrere Tage. Die Dauer reicht von einem verlängerten Wochenende für kleine regionale Wettbewerbe bis zu zwei Wochen für Weltmeisterschaften. Es gibt verschiedene Segelflugzeugklassen, die getrennt bewertet werden.
Seit einigen Jahren werden Wettbewerbe auch in der Grand-Prix-Form durchgeführt. Bei dieser Wettbewerbsform fliegen alle Flugzeuge zur gleichen Zeit über die Startlinie, und der erste, der die Ziellinie überquert, gewinnt den Tag. Zusammen mit Systemen zum Live-Tracking und On-Board-Kameras wird damit vor allem die mediale Aufbereitung und Präsentation des Wettbewerbs publikumswirksam möglich.
Es bestanden Pläne, den Segelflug 1940 als olympische Disziplin einzuführen. Dazu wurde die DFS Olympia Meise konstruiert, die als Einheitsflugzeug eingesetzt werden sollte. Diese Pläne wurden durch den zweiten Weltkrieg durchkreuzt und später aus verschiedenen Gründen nie mehr weiter verfolgt.
Deutsche Meisterschaften im Streckensegelflug
Jedes Jahr veranstaltet der Deutsche Aero Club im Zeitraum vom ersten März bis zum 30. September die dezentrale Deutsche Meisterschaft im Streckensegelflug (kurz DMSt). Bei diesem Wettbewerb werden Strecken um bis zu vier, vom Piloten frei wählbare Wendepunkte gewertet. Jeder geflogene Kilometer zählt pauschal ein Punkt. Eine vorherige Anmeldung im Flugdatenrekorder und eine erfolgreiche Durchführung des Fluges bringen zusätzliche Boni. Um die reine Pilotenleistung zu bestimmen, ist jedem Flugzeugtyp ein Index zugeordnet, der in die Berechnung der endgültigen Punktezahl des Fluges mit eingeht. Eine Liste der Indizes aller Flugzeugtypen wird vom Deutschen Aero Club veröffentlicht.
Außerdem werden im Zwei-Jahres-Rhythmus zentrale Deutsche Meisterschaften in verschiedenen Wettbewerbsklassen und zusätzlich Frauen- und Junioren-Meisterschaften ausgerichtet. Innerhalb dieser Wettbewerbe erfolgt die Qualifikation zu den internationalen Meisterschaften, also den jeweiligen Europa- und Weltmeisterschaften.
Die Segelflug-Bundesliga (OLC-League)
Eine relativ junge Variante des Streckensegelfluges ist die 2001 ins Leben gerufene Segelflug-Bundesliga (OLC-League). Dieser Mannschaftswettbewerb für Vereine wird als dezentraler Wettbewerb auf einer Online-Plattform ausgetragen. Dabei fliegen die Piloten deutschlandweit in circa 19–20 Wochenrunden um die Punkte. Gewertet werden die jeweils drei schnellsten Flüge eines Vereines, wobei die Berechnung der Geschwindigkeit in einem Zeitfenster von zweieinhalb Stunden erfolgt und dieser Schnitt mit einem Flugzeugindex bewertet wird. Gewertet wird in der 1. Bundesliga (circa 30 Vereine), der 2. Bundesliga (circa 30 Vereine), der Quali-Liga (circa 500 Vereine) und der jeweiligen Landesliga der 16 Bundesländer.
Kunstflug
→ Hauptartikel: Kunstflug
Manche Segelflieger lassen sich im Kunstflug ausbilden. Auch hierzu gibt es Wettbewerbe.
Im Kunstflug-Wettbewerb geht es darum, ein vorgegebenes Programm in einem Würfel von 1000 m Kantenlänge so präzise und energiesparend wie irgendmöglich zu fliegen. Dieser Würfel, die sogenannte Box, ist aus Sicherheitsgründen um 400 m, in fortgeschrittenen Klassen um 200 m über Grund nach oben verschoben, so dass der Segelflieger sein Programm dort beenden muss. Ein Wettbewerb besteht aus mehreren Durchgängen: Bekannte Pflicht, Kür, und eine oder mehrere Unbekannte Pflichten, die vom Veranstalter erst kurz vor dem Durchgang bekanntgegeben werden und die nicht geübt werden dürfen. Gewertet werden die Flüge ähnlich wie beim Eiskunstlauf durch Schiedsrichter, die die Ausführung der einzelnen Figuren, aber auch die allgemeine Harmonie des Programms mit Punkten bewertet.